Digitales Erbe und die Verantwortung der Unternehmen

Auch das digitale Erbe sollte "rechtzeitig" geregelt werden. ©Airene / photocase.de
Auch das digitale Erbe sollte „rechtzeitig“ geregelt werden. ©Airene / photocase.de

Versicherungspolicen, Fotos, Briefe, Kalender, Tagebücher, Verträge, Bankauszüge, … Noch im vergangenen Jahrhundert hinterließen Menschen hauptsächlich haptische Gegenstände nach ihrem Tod, die dann weitergegeben, vererbt oder vernichtet wurden.

Heute nutzen wir PCs und mobile Geräte, haben E-Mail-Konten, Online-Shop-Zugänge, Passwort-Manager, sind Nutzer von sozialen Netzwerken, legen Dokumente und Fotos in Clouds und elektronischen Archiven ab. Wenn dann ein Mensch gestorben ist, geht es darum, seine Aktivitäten auf elektronischen Geräten und im Internet zu „entschlüsseln“ oder in detektivischer Kleinstarbeit zusammenzutragen, wenn der Verstorbene nicht seinen letzten Willen festgehalten und darin geäußert hat, wie zu verfahren ist.

Das Erbe – früher und heute @klartext.unverschluesselt.net

Rechnungen kommen per Mail, es läuft eine Versteigerung auf eBay, Familienfotos liegen auf fremden Servern, Profile bleiben online und Streaming-Dienste kassieren regelmäßig ab.

Das Online-Leben nach dem Tod

In erster Linie sollte man sich natürlich als Nutzer darüber Gedanken machen, was mit dem digitalen Nachlass geschehen soll, welche vertraute Person darüber verfügen darf und was Hinterbliebene keinesfalls wissen sollten. Das ist natürlich der günstigste Fall für die Hinterlassenen im Falle eines Todes. Mehr dazu in dem Gastbeitrag von Sabine Landes und Dennis Schmolk inSterben 2.0: Was geschieht mit meinen Daten nach meinem Tod“.

Unternehmen sind in der Verantwortung

Es gibt bereits Portale, die Nutzern schon bei der Anmeldung Tools für den Fall ihres Todes an die Hand geben. @klartext.unverschluesselt.net
Es gibt bereits Portale, die Nutzern schon bei der Anmeldung Tools für den Fall ihres Todes an die Hand geben. @klartext.unverschluesselt.net

Ich sehe die Vorsorgefunktion des digitalen Nachlasses aber auch als unternehmerische Verantwortung. Es gibt bereits Portale, die Nutzern schon bei der Anmeldung Tools für den Fall ihres Todes an die Hand geben. Google bietet beispielsweise einen Konto-Inaktivitätsmanager, Facebook den Button „Profil löschen“ und „Gedenkzustand“ und die Versicherung ERGODirekt hat eine Checkliste für Hinterbliebene zusammengetragen.

Aus meiner Sicht ist die Gestaltung des digitalen Nachlasses seitens der Unternehmen noch nicht zufriedenstellend, weil mühsam für die Angehörigen (das kann umfangreich sein und es gibt keine technischen und organisatorischen Standards) und von möglicherweise peinlich bis bedrohlich für die Kontakte des Verstorbenen (nicht jeder Hinterbliebene hat nur Gutes im Sinn).

Unternehmen müssen dafür sorgen, dass ihre Produkte und Dienste – entsprechend der jeweiligen Notwendigkeiten und der Schutzwürdigkeit der gespeicherten Informationen – zentrale Schnittstellen bereitstellen, die dann von künftigen „Nachlass-Tools“ angesprochen werden können und die Angehörigen des Verstorbenen dabei unterstützen, die Dinge zu regeln – bei gleichzeitigem Schutz der Privatsphäre Dritter.

Digitales Erbe: Auch in Unternehmen gibt es Hinterbliebene

Apropos Unternehmen: Auch sie können zu Hinterbliebenen werden. Und hier gelten andere – nicht minder hohe – Prioritäten, da die Arbeit, mit der sich Mitarbeiter vor ihrem Tod beschäftigt haben, dem Arbeitgeber gehört. Gerade in verschlüsselten Umgebungen muss also sichergestellt werden, dass die wichtigen Daten nicht im chiffrierten Nirwana verschwinden, weil die Kollegen nicht an den privaten Schlüssel des Verstorbenen herankommen.

Positiv, wenn der Schlüssel verfügbar ist. Aber dann droht bereits der nächste Fallstrick: Hat die Firma auch private Aktivitäten am Arbeitsplatz-PC erlaubt (was so ist, wenn kein eindeutiges Verbot existiert), dürfen diese nicht einfach offengelegt werden. Hier greift der Datenschutz, der die Privatsphäre von Mitarbeitern auch dann schützt, wenn sie sich in ihrer Büroumgebung bewegen. Gut, wenn der unterschriebene Arbeitsvertrag die private Nutzung von Firmeneigentum generell verbietet.

Zu jedem Erbe gehört heute eben auch, den digitalen Nachlass privat und beruflich zu Lebzeiten zu regeln und damit diese Belastung den Hinterbliebenen von den Schultern zu nehmen. Solch eine Zeit ist für Angehörige, Freunde und Kollegen ohnehin schwer genug.

DasErste.de: „Digitaler Nachlass: Was passiert, wenn jemand stirbt?“

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