Sind Faulheit, Gier und/oder unsere Ungeduld daran schuld, dass wir sorglos und unbedarft unsere privaten und sehr persönlichen Daten im digitalen Leben aus der Hand geben? Amerikanische Forscher der Universitäten Stanford und Cambridge wollten es wissen. Sie befragten rund 3000 Studenten zu ihrer Privatsphäre. Die meisten Teilnehmer bestätigten, dass der Verlust der Privatsphäre sie frustriere, sie sogar unglücklich und sauer mache. Soweit die Theorie. In der praktischen Untersuchung zeigt sich ein ganz anderes Bild.
Gratis-Pizza für drei Freundes-Adressen
Zu folgenden Ergebnissen kam es bei der Studie:
1. Für eine lächerliche Gratis-Pizza ließen sich die Teilnehmer kaufen und waren bereit, die Mailadressen von drei Freunden preiszugeben. Sie gaben also für eine Gegenleistung eine möglicherweise vertrauliche Information weiter, die ihnen überhaupt nicht gehört. Das ist zumindest Freundesverrat!
2. Als die Wissenschaftler den Studenten Internetgeldbörsen, sogenannte Bitcoin-Wallets, zur Auswahl stellten, klickte die Mehrzahl der Studenten bei den Einstellungen zur Privatsphäre ohne weiter nachzudenken die erste Position. Insgesamt gab es vier Entscheidungsmöglichkeiten, dabei war die erste aber nicht die sicherste. Die Probanden scheuten offenbar die Mühe, sich mit den anderen Optionen auseinanderzusetzen.
3. Das Angebot einer Extra-Verschlüsselung von Mail-Konten nahmen die meisten erst einmal an. Als sie jedoch merkten, dass der Verschlüsselungsprozess einige Minuten Zeit in Anspruch nahm, brachen sie diesen ab.
Die Ergebnisse waren unabhängig vom Alter oder Geschlecht der Testpersonen.
Keine Anstrengung für den Datenschutz
Nach diesen Studienergebnissen muss man zu dem Schluss kommen, dass es sowohl die Faulheit, als auch die Gier und die Ungeduld ist, die Menschen zu einem sorglosen Umgang mit ihren (und leider nicht nur ihren) Daten veranlassen. „Die Leute scheinen nicht bereit zu sein, sich auch nur ein bisschen anzustrengen, um ihre Daten zu schützen“, folgerte Susan Athey, eine der Autorinnen der Studie.
Das Privacy-Paradox
Wie die Studenten dieser Studie haben die meisten Menschen in der Regel ein gesundes Verständnis von der Schutzbedürftigkeit persönlicher Daten. Mehr noch: Sie schimpfen wie die Rohrspatzen über den Datenklau, über Datenkraken und den Verlust ihrer Privatsphäre. Gleichzeitig sind sie nicht bereit, ihre E-Mails zu verschlüsseln oder ein paar Euro in einen Dienst zu investieren, der Daten nicht weitergibt. Statt dessen kaufen sie mit Rabatt-Karten und überhäufen die sozialen Medien täglich mit massenhaft persönlichen Inhalten. Dieser Widerspruch zwischen sorglosem Verhalten und Sorgen über mangelnde Privatsphäre wird als „Privacy Paradox“ oder Privatsphären-Falle bezeichnet. Wir handeln oft nicht rational, sondern werden im Netz von Versuchungen, Emotionen und Bequemlichkeiten geleitet. Das wissen viele Unternehmen sehr gut für ihre Zwecke zu nutzen.
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