„Ich habe ja nichts zu verbergen“, lautet die Aussage vieler Internetnutzer, mit der sie trotz Snowden-Enthüllungen die zunehmende Überwachung der digitalen Welt hinnehmen. Menschen laden sich sorglos vermeintlich kostenlose Programme und Apps herunter und stimmen ungelesenen AGB zu, die in wenigen Klicks Unternehmen Zugang zu ihren persönlichen Daten verschaffen und dem Nutzer die Privatsphäre rauben.
Die beiden Journalisten Marc Meillassoux und Mihalea Gladovic wollten das so nicht hinnehmen und haben die Dokumentation „Nothing to hide“ gedreht. Fünf Protagonisten zeigen ihre Erfahrungen, die beweisen, dass wir sehr viel zu verbergen haben.
Der Film „Nothing to hide“ ist in mehreren Sprachen über Vimeo oder BitTorent frei abrufbar (CC-BY-NC-ND).
Wir haben mit Marc Meillassoux über „Nothing to hide“ gesprochen:
Wie seid ihr auf die Idee gekommen, diesen Film zu drehen?
Nach den Snowden-Enthüllungen waren Mihalea und ich ziemlich deprimiert, weil danach nichts geschah. Wir persönlich hatten aber zu wenige Kenntnisse, um irgendetwas zu tun. Ein Jahr später bin ich mit einem Freund erstmals auf eine Cryptoparty gegangen und habe mich mit technischen Aspekten wie Verschlüsselung und Datensicherheit beschäftigt. Ich habe mich viel mit Mihalea darüber ausgetauscht, und wir waren 2014 gemeinsam auf der re:publica. In unserem Umfeld – bei Familien und Freunden – haben wir oft das Thema Privatsphäre aufgegriffen und sind immer wieder auf die Aussage „Ich habe nichts zu verbergen“ gestoßen. Erst nach längeren Gesprächen haben Menschen dann ihr Unbehagen mitgeteilt, so von wegen: „ich habe schon Angst wegen des Finanzamts – oder was ist mit Versicherungen und meinen Gesundheitsdaten?“ Das brachte uns auf die Idee, alle Argumente zusammenzufassen und in einem Film zu veranschaulichen.
War es schwer, Protagonisten zu finden, die vor der Kamera ihr digitales Leben ausbreiten?
Es war nicht so schwer, Protagonisten zu finden, die beispielsweise politisch engagiert sind oder selbst verfolgt wurden. Aber jemand zu finden, der sich und seine digitalen Aktivitäten vor der Kamera preisgibt, war nicht so einfach. Ein Freund von mir, Mister X, Schauspieler und Musiker aus Berlin, erklärte sich dann dazu bereit.
Welche Erkenntnisse hattet ihr während des Drehs?
Da ich in den vergangenen Jahren immer wieder Cryptopartys besucht habe, war ich mir über den Verlust der Privatsphäre in seiner Tiefe durchaus bewusst. Aber das Interview mit Thomas Drake beispielsweise – ein NSA-Whistleblower, der beinahe für 35 Jahre verurteilt und ins Gefängnis gehen musste, seinen Job und sein Vermögen verloren hat – war schon sehr beeindruckend. Er strahlt im Gespräch aus, dass ihn im Leben nichts mehr so schnell umhauen wird und hat ein unglaubliches Charisma. Es hat uns Mut gemacht, Leute wie ihn zu treffen, die ihr Leben geopfert haben, um Massenüberwachung zu veröffentlichen.
Wie habt ihr den Film finanziert?
Über Crowdfunding haben wir 15.000 € gesammelt. Mihalea durfte großzügigerweise das Kamera-Equipment von ihrem Arbeitgeber für unseren Film nutzen. Und wir haben immer wieder Freunde gefragt, ob sie uns bei Musik, Cut usw. unterstützen können.
Hast du dein digitales Leben verändert?
Ich telefoniere mit einem alten Nokia und versuche seit einem Jahr ohne Smartphone auszukommen, weil besonders Handydaten geleakt werden. Bei mir sind zwei Computer im Einsatz, einer läuft auf Linux. Ich schreibe, wenn es geht, verschlüsselte Mails und ich versuche möglichst wenig Google einzusetzen. Ich habe Firefox installiert und surfe über Tor. Außerdem arbeiten wir derzeit an einem Projekt, das der Privatsphäre im Netz dienen wird.
Was mir noch wichtig ist: Um die Philosophie von freier Software und freiem Internet zu respektieren, haben wir uns entschieden, den Film nicht zu verkaufen und diesen im Internet mit einer „Creative Commons Lizenz“ zur Verfügung zu stellen, geplant ist Ende September. Creative Commons heißt, jeder kann es online sehen und verwenden.
Vielen Dank für das Gespräch und weiterhin viel Erfolg mit dieser wichtigen Aufklärungsarbeit!
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