Wie mit Social Listening schwarze Listen erstellt werden

  • Mit Social Listening erfahren, wie man im Netz über das eigene Unternehmen spricht
  • Das Chemie- und Pharmaunternehmen Bayer hat schwarze Listen mit personenbezogenen Daten angelegt
  • Geheimdienstmethoden dieser Art gefährden unsere Demokratie

Ein entscheidender Wettbewerbsvorteil auf dem Markt kann sein, wenn ein Unternehmen genau analysiert, was über seine Marke oder seine Produkte im Internet kursiert. Um das zu erfahren, investieren vor allem große Konzerne viel Geld in Social Listening.

Beauftragte Spezial-Agenturen und/oder eigene Software durchforsten Plattformen wie YouTube, Facebook, Instagram und Twitter, aber auch Bewertungsportale, Blogs oder Foren. Danach werten sie Daten von Personen aus, die sich in sozialen Netzwerken zum Unternehmen äußern. Die „Fundstücke“ werden dann in positiv, neutral oder negativ eingeordnet, um Trends zu erkennen. Dazu muss das Unternehmen selbst gar keine Social-Media-Kanäle betreiben.

Bayer sammelt Privatdaten im großen Stil

Wer mit dem Social Listening wohl einige Schritte zu weit gegangen ist, ist das mittlerweile zum Chemieriesen Bayer gehörende Unternehmen Monsanto. Französischen Medien zufolge hat der Saatgut- und Pestizidhersteller in Frankreich seit 2016 eine geheime Liste mit Kritikern in Auftrag gegeben. Auf dieser Liste stehen Wissenschaftler, Journalisten, NGO-Mitarbeiter, Politiker und auch Privatpersonen – mit Namen, Telefonnummern, Privatadressen und die Einstellungen der Personen zum Unternehmen. Monsanto wollte die Personen auf der Liste „erziehen“, besonders hartnäckige Gegner sogar „überwachen“, berichtet der Sender France 2. Auf der Liste stand auch die damalige französische Umweltministerin Ségolène Royal mit dem Vermerk „null beeinflussbar“, wegen ihrer ablehnenden Haltung zum UnkrautvernichterGlyphosat, so die Nachrichtenagentur AFP.

Aber nicht nur in Frankreich erstellte Monsanto so eine„Blacklist“, auch in anderen europäischen Ländern wurden illegal private Daten gesammelt.

Das Münchner Umweltinstitut fragte nach Bekanntwerden dieser Praxis bei Bayer nach erhobenen Daten von fünf seiner Mitarbeiter gemäß der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Die Einrichtung hatte sich öffentlich gegen den Glyphosat aus dem Hause Bayer ausgesprochen. Nach einigem Widerstand von Bayer bekam das Institut Excel-Listen mit mehr als 1.000 Einträgen für nur einen Mitarbeiter zugestellt.

 Bayer ist nicht bereit, die Daten zu löschen

 Auf Nachfrage war Bayer nicht bereit, diese personenbezogenen Daten zu löschen. Bayer habe ein berechtigtes Interesse daran „die für unser Unternehmen relevanten Meinungen von Interessensgruppen und der breiten Öffentlichkeit zu kennen und besser zu verstehen. Das Verfolgen der öffentlichen medialen Berichterstattung und Meinungen über unser Unternehmen oder die von uns vertriebenen Produkte sind für unser Unternehmen besonders wichtig“, so die Antwort an das Umweltinstitut, wie dieses auf seiner Website veröffentlicht.
Mittlerweile hat sich die nordrhein-westfälische Datenschutzbeauftragte Helga Block, des Falles angenommen.

Dass Unternehmen sich dafür interessieren, was über sie im Netz gesagt wird, ist ein legitimes Vorgehen um den Markt zu beobachten. Sie können bei Unmut eines Kunden in den Dialog mit diesem gehen oder öffentliche Kritik zum Anlass nehmen, ihre Produkte oder Dienstleistungen zu verbessern.

Der Monsanto-Fall ist allerdings ein erschreckendes Beispiel dafür, wie soziale Netzwerke dazu missbraucht werden, Meinungsurheber zu verfolgen. Mit solchen Geheimdienstmethoden, kann man eine Gesellschaft in großem Stil manipulieren. Unternehmen, Parteien und Interessensverbände filtern ihre Gegner und Befürworter gezielt heraus. In der Folge hält man den kritischen Journalisten schon mal von einer Presseveranstaltung fern, schleust einen Spitzel bei einer NGO ein oder umwirbt den wohlgesinnten Politiker mit der einen oder anderen Aufmerksamkeit.

Hier eine Musterabfrage an Bayer vom Umweltinstitut München:
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