Kein Aprilscherz: Zukünftige Neuwagenfahrer können sich dem Datensammeln in ihrem fahrenden Untersatz nicht mehr entziehen, denn neue PKW-Modelle müssen ab 1. April 2018 mit dem automatischen Notrufsystem eCall („Emergency Call“) ausgerüstet sein. Hochpreisige Modelle wie beispielsweise von BMW und Mercedes haben diese Technologie bereits seit Jahren an Bord. Ziel des Notrufsystems ist eine automatische Alarmierung der Notrufzentrale bei schweren Verkehrsunfällen, sodass der Rettungsdienst schneller das Unfallopfer erreicht. Die EU-Kommission erhofft sich, dass mit der neuen Technik europaweit bis zu 2.500 Menschenleben pro Jahr gerettet werden können.
Wie eCall funktioniert?
Alle Neuwagen verfügen über eingebaute Sensoren, die ungewöhnliche Situationen während der Fahrt wie beispielsweise abruptes Bremsen, Auslösen des Airbags oder Straffen des Gurtes erkennen. Weist die Intensität der Ereignisse auf einen Unfall hin, löst das System automatisch einen Notruf aus, bei dem die Leitstelle zunächst versucht, den verunglückten Fahrer anzusprechen. Gelingt das nicht, löst sie einen Rettungseinsatz aus. Den Anruf kann ein Fahrer auch manuell auslösen, indem er im Fahrzeug auf einen entsprechenden Taster drückt.
eCall nimmt nur dann Verbindung zum Mobilfunknetz auf, wenn tatsächlich ein Notfallruf ausgelöst wird, und verschickt dann einen Mindestdatensatz wie die Fahrzeug-Identifizierungsnummer, Uhrzeit, GPS-Koordinaten, Fahrtrichtung, Uhrzeit, Antriebsart und Zahl der Fahrzeuginsassen. Die Weitergabe der Daten ist verboten und muss auf Wunsch gelöscht werden. So sieht es der Gesetzgeber vor.
Datensammelnde Lebensretter
Allerdings stellt die bordeigene Mobilfunkeinheit eCall auch eine Schnittstelle zwischen Auto und Internet her. Autoherstellern und weiteren Anbietern ist es erlaubt, diese Technik für zusätzliche Dienste zu nutzen. Schon heute lassen sich Autobauer standardmäßig Pauschaleinwilligungen zur Übermittlung der Fahrdaten geben. Diese sind für Dienste, wie wir sie bereits von unseren Smarphones kennen, sehr begehrt: Telefonieren, Musik und Podcasts herunterladen, Verkehrsnachrichten und Wetterbericht hören, im Internet surfen oder Navigationsdienste nach Tankstellen, Restaurants oder sonstigen Adressen befragen. Die erweiterte Nutzung von eCall mutiert damit schnell zur Datenschleuder. Die Dienste sind – wie bei unseren smarten Geräten – bequem, nützlich und leider nur auf den ersten Blick kostenlos.
Streit um Autodaten
Obwohl eCall bereits in wenigen Wochen ein Muss in Neuwagen ist, hat der Gesetzgeber bisher weder ausreichend geregelt, wer Zugriff auf entsprechende Daten erhält, noch wie Berechtigte Zugang zu diesen Daten bekommen sollen.
Das sorgt für heftigen Streit. Schließlich wollen Autohersteller, Versicherer, der TÜV, ADAC, der Staat, Werkstätten, Zulieferer und die IT-Branche gerne etwas vom großen Datenkuchen haben. Interessant sind sie für Produktverbesserungen, Neuentwicklungen, Statistiken, für die Berechnung von Kfz-Versicherungstarifen sowie zur Aufdeckung von Straftaten und natürlich für die personalisierte Werbung.
eCall ist ganz sicher ein sinnvoller Service, der Leben retten kann. Ich selbst habe es bereits seit ein paar Jahren im Auto, mache jedoch einen großen Bogen um alle Connectivity-Dienste – ausgenommen das herstellereigene Navigationssystem. Noch vertraue ich auf das Datenschutzgesetz in Deutschland und einen Autohersteller, der traditionell fest mit dieser Kultur der Diskretion verwurzelt sein sollte. Sobald sich das ändert, etwa Amazon, Google oder Facebook die Kontrolle übernehmen, bin ich als Kunde weg.
Vielleicht werden ältere Fahrzeuge – sozusagen analoge – bald zu begehrten Modellen?
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Schlecht recherchierter Artikel wenn es um die paneuropäische Lösung gehen soll!
Diese Geräte bauen keine Verbindung ins Internet auf, da sie keine SIM Karten verwenden, sondern ausschließlich das GSM Netz und dort auch nur die Notrufnummer 112 anrufen können.
Anders sieht das beim 3rd-Party-eCall und den proprietären Lösungen der Fahrzeughersteller aus. Darauf bezogen würde der Artikel stimmen.