Lisa Krammel arbeitet ehrenamtlich für Digitalcourage, einem Verein in Bielefeld, der sich schwerpunktmäßig für Informationsfreiheit und Datenschutz einsetzt. Die 29-Jährige studierte Umweltingenieurin und Technikphilosophin traf 2014 erstmals Mitglieder von Digitalcourage, war von deren Ideen begeistert und ist seitdem mit weiteren KollegInnen in München aktiv.
Wir haben mit Lisa gesprochen.
Die Digitalcourage Ortsgruppe München veranstaltet regelmäßig Crypto-Cafés. Was kann man sich darunter vorstellen?
Es gibt weltweit Crypto-Partys. Dort treffen sich Menschen, die sich gegenseitig Verschlüsselungstechniken beibringen. Wir haben unsere Veranstaltung bewusst Crypto-Café genannt, da wir Menschen ansprechen wollen, die ein Bewusstsein für Datenschutz haben, aber technisch nicht so versiert sind. Diesen Interessierten geben wir Datenschutz-Werkzeuge an die Hand.
Wer kommt zu euren Veranstaltungen?
Zu uns kommen hauptsächlich Menschen ab 40 Jahren, ab und zu auch Jüngere. Wir selbst haben keine eigenen Räume, wir gehen zu Trägern, werden von Veranstaltern wie beispielsweise der Frauencomputerschule München oder dem Jugendinformationszentrum eingeladen. Dann stehen wir auch mal vor Jugendlichen. Im Anschluss an jede unserer Veranstaltungen bekommen wir neue Einladungen. Außerdem organisieren wir auch Podiumsdiskussionen und Lesungen – für alle Altersgruppen.
Was ist eure Motivation?
Es geht uns erst einmal um den individuellen Schutz. Es gibt bei uns das Briefgeheimnis, nicht so bei unserer elektronischen Post – den Mails. Die kann nahezu jeder lesen. Wir zeigen in unserem Café beispielsweise, wie man Mails mit PGP verschlüsselt. Aber auch das spurenlose Surfen ist ein Thema, wir sprechen über alternative Messenger oder klären über Passwörter auf.
Wir sind aber auch ein politischer Verein. Es geht nicht nur um den individuellen Schutz, sondern vor allem darum, dass in letzter Zeit mit neuen Gesetzen die Demokratie ausgehöhlt wird. Datenschutz ist schließlich ein Grundrecht. Damit ist es ein gesellschaftliches Thema. Da stellen sich Fragen wie beispielsweise: Wem gehören die Daten? Und was können wir gegen Überwachung tun?
Warum engagierst du dich ehrenamtlich für Datenschutz?
Ich mag das Internet und nutze es gerne. Mir macht es auch Spaß, Leuten zu erklären, wie das Netz funktioniert. Mir persönlich ist es wichtig, dass ich auch mal Fehler im Internet begehen kann. Ich habe vor einiger Zeit unglaublich viele Fotos auf Facebook gepostet. Jetzt ärgere ich mich darüber, weil die sind ja jetzt bei Facebook – sozusagen verschenkt. Mittlerweile nutze ich diesen Kanal nur noch, um auf politische Aktionen aufmerksam zu machen.
Und prinzipiell bin ich ein optimistischer Mensch und technikfreundlich eingestellt. Ich möchte im digitalen Bereich die Zukunft mitgestalten. Wir hatten beispielsweise mal die Idee, einen Smartphone-Führerschein für Kinder zu entwickeln. Die meisten kostenlosen Tools und Apps, die das Surfen im Netz bequemer machen, bezahlen wir mit unseren Daten. Auf politischer Ebene müssen dringend Gesetze geschaffen werden, die regeln, dass möglichst wenige persönliche Daten gespeichert werden. Dafür setze ich mich aktiv ein.
Und wie hältst du es persönlich mit Daten?
Ich besitze ein altes Handy und netterweise schicken mir dann meine Freunde eine SMS, wenn in einer WhatsApp-Gruppe etwas Wichtiges mitgeteilt wurde. Was mich persönlich aufregt: Wenn meine Oma beispielsweise ganz unbedarft übers Internet Fotos von mir verschickt. Es geht ja nicht nur um den persönlichen Datenschutz, sondern auch den Datenschutz anderer.
Vielen Dank für das Gespräch und viel Power für die Arbeit bei Digitalcourage.
Das Interview führte Andrea Rickert
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