Da gibt es allen Ernstes Vorschläge von Politikern und Pädagogen, man möge die Kleinen bereits im Kindergartenalter mit Vorträgen und Software traktieren, die ihnen zeigen, wie gefährlich das böse Internet sein kann und auf was man in puncto Selbstschutz beachten muss.
Davon abgesehen, dass die – von den ach so praktischen Services wie GMail, WhatsApp, Instagram, Alexa & Co. besessenen – Politiker, Lehrer und Eltern selbst oft nicht verstanden haben, worum es überhaupt gehen sollte (siehe auch: Unsere neuen Herrscher), sind Kinder in erster Linie – Kinder. Und das sollten sie auch bleiben!
Jeder von uns kann sich bestimmt noch an Augenblicke in der Vergangenheit erinnern, als er sich und diese Welt ausgekundschaftet hat und dabei – natürlich – nicht immer alle Regeln befolgte, geschweige denn alle Konsequenzen seines Handelns hätte erahnen können. Und jeder, der selbst schon etwas ältere Sprösslinge hat, weiß aus Erfahrung: Kinder lernen vor allem aus Fehlern, aus sozialen Pannen, aus persönlichen Rückschlägen. Daraus entstehen ihre Weltsicht und ihre Lösungsfindung für den Umgang mit sich und ihrer Umwelt.
Kinder brauchen eine Welt zum Ausprobieren
Werden Kinder dann zu pubertierenden Jugendlichen, legen sie sich nachhaltig und regelmäßig mit der Erwachsenenwelt an. Sie hinterfragen Regeln und Vorschriften. Je nachdem auf welche Art Widerstand sie dabei stoßen und welchen Charakter sie besitzen, kämpfen sie wortstark oder unterwandern schlicht die Regeln, die sie nicht akzeptieren wollen. Im Zweifelsfall tun sie auch Dinge, die sie besser nicht tun sollten, nur um Reaktionen des Establishments zu provozieren oder sich ihren Platz in ihrem sozialen Umfeld zu erkämpfen.
Beide Lebensphasen junger Menschen brauchen vor allem eins: Einen nicht perfekten Lebensraum, der auch mal etwas übersieht, der verzeiht, was verziehen werden kann – und der vor allem vergisst.
Genau einen solchen Lebensraum bietet unsere digitale Welt, die von wenigen Datenkonzernen beherrscht wird, nicht. Sie spionieren selbst die Jüngsten schamlos aus und speichern jeden Fehler – für immer.
Davon abgesehen: Schaffen es schon erwachsene Vorbilder nicht, den „kostenlosen“ Verlockungen der digitalen Rattenfänger zu entgehen, wie sollen es dann Kinder können? Wie beim Rauchen, liegt die potentielle Gefahr für das Wohlergehen in einer fernen Zukunft. Im Heute ist sie nicht spürbar. Das ist gerade jungen Menschen schwer begreiflich zu machen, da sie sich noch für unbesiegbar halten und das Alter(n) so weit in der Ferne liegt.
Bremst Unternehmen, die mit Produkten unsere Kinder ausspionieren
Wie vor Drogen und verfrühter Strafverfolgung, müssen Kinder und Jugendliche, solange sie nicht volljährig sind, vor der unfreiwilligen Digitalisierung ihres Lebens geschützt werden. Es kann und darf nicht sein, dass man „pädagogisch“ versucht, sie fit für eine missbrauchte und zerstörte digitale Kultur zu machen. Wir müssen dafür sorgen, dass Kinder nur digitale Räume betreten, in denen sie keine Spuren hinterlassen. Es geht um nicht weniger, als Unternehmen gesetzlich zu verbieten, an uns alle, insbesondere aber unsere Kinder, Produkte auszugeben, die in irgendeiner Form Aktivitäten, Orte und Zeitpunkte aufzeichnen.
Kinder sollten unbeschwert spielen und lernen. Hier sind Politiker und Verbraucherschützer, aber auch wir Eltern gefragt. Es ist höchste Zeit die Diskussion in die richtige Richtung zu lenken. Mit Medienkompetenz hat das alles nichts zu tun!
Die jüngste Studie des Digitalverbandes Bitcon zeigt die Dringlichkeit nach Handlung: Das Smartphone gehört ab sechs Jahren zum Alltag vieler Kinder, so die Studie. „Smartphones lassen sich aus der Lebenswirklichkeit von Kindern und Jugendlichen nicht mehr wegdenken“, erklärt der Bitkom-Präsident Achim Berg.
Kinder haben auf WhatsApp nichts verloren
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