Metadaten – die heimlichen Verräter

Sicherheitspolitiker und Geheimdienste argumentieren gerne, dass sie nicht an den eigentlichen Inhalten digitaler Kommunikation interessiert sind, sondern „nur“ an den Metadaten. Kein Wunder, denn Metadaten sind oft aufschlussreicher als die eigentlichen Inhalte.

Was sind Metadaten?

MetadatenMetadaten sind übergeordnete Informationen, die auf den, an der digitalen Kommunikation beteiligten, Geräten entstehen. Während eines Telefongesprächs mit dem Smartphone lassen sich zum Beispiel der Standort des Handys, die Dauer des Gesprächs, die Uhrzeit und der Gesprächspartner auslesen, ohne irgendwelche Inhalte mitzuhören. Im Gegensatz zur Auswertung einzelner Dialoge, sind Metadaten sehr einfach automatisch auswertbar. Geheimdienste und Polizeibehörden bedienen sich dabei eigener Analyse-Software. Aber nicht nur Telefonate hinterlassen diese verräterischen Spuren: Bei verschlüsselten Nachrichten ist der Inhalt der Sendungen zwar geheim, aber die Metadaten werden gespeichert. Und nahezu jedes Medium, egal ob Text, Bild oder Video enthält Informationen, die etwas über seine Entstehung erzählen. Wer beispielsweise ein Foto seines Kindes verschickt, gibt über die darin gespeicherten EXIF-Daten  möglicherweise bekannt, auf welchem Spielplatz der Sprössling zu welchem Zeitpunkt von welcher Kamera aufgenommen wurde.

Mit den Metadaten erfährt man sehr viel über Lebensgewohnheiten, Beziehungen und das Verhalten eines Menschen.

Ein Tweet, 144 Metadaten

Besonders auskunftsfreudig sind die sozialen Netzwerke.Wenn Sie auf Twitter einen Tweet posten, dann greift das Unternehmen 144 Datenhäppchen ab – unabhängig vom Inhalt der Botschaft. Dazu zählen beispielsweise Zeit und Ort, Erwähnungen, Links, Hashtags, Views, Interaktionen und so weiter.

Das haben Forscher der University College und des Alan Turing Institute in ihrer Studie “You are your Metadata“ herausgefunden.

Mit der Hilfe moderner Analyse-Software konnten die Forscher daraus Gewohnheiten, Verhaltensweisen und Beziehungen der Nutzer herleiten, so dass sich problemlos Identitäten und soziale Kontakte bestimmen ließen. Die Wissenschaftler identifizierten anhand von Metadaten jeden der 10.000 Nutzer mit einer Genauigkeit von 96,7 Prozent. Selbst wenn der Inhaber des Accounts ein anonymes Profil hatte, konnte die Zuordnung noch zu 90 Prozent hergestellt werden.
Facebook und andere soziale Portale handhaben das ebenso, das ist natürlich kein Twitter-Spezifikum.

Eine Woche Handy-Auswertung spiegeln ein Leben

Erhellend – oder viel mehr erschreckend – ist ein Experiment aus dem Jahr 2014: Eine Testperson aktivierte eine App, um eine Woche die Metadaten ihres Telefons aufzuzeichnen. Dabei führte der Proband sein normales Leben weiter. Die Daten wurden in dieser Zeit dem iMinds Forschungsteam der Universität Gent und Mike Moolenaar, Inhaber von „Risk and Security Experts“, zur Analyse übergeben.

Nach einer Woche konnte das Leben der Testperson namens Ton detailreich dargestellt werden. Hier ein kleiner Ausschnitt: Ton wohnt in einem Studentenheim und kommt oft erst nach 20 Uhr nach Hause. Der junge Mann steckt in einer festen Beziehung mit Merel. Sie schicken sich täglich bis zu 100 WhatsApp-Nachrichten. Ton ist mit großer Wahrscheinlichkeit Christ und interessiert sich für Sport, insbesondere Radsport. Er fährt auch gerne selber Fahrrad und mag skandinavische Krimis. Seine Schwester schreibt derzeit ihre Abschlussarbeit. Und das ist noch nicht alles. Wenn Sie mehr über Ton und das Experiment erfahren möchten, dann lesen Sie diesen Artikel bei netzpolitik.org weiter.

Und was schließen wir jetzt daraus? Metadaten sind hochsensible Informationen und verraten nahezu alles über unser Leben. Sie haben es in sich – darauf verweisen Datenschützer immer wieder -, denn mit ihrer Hilfe lassen sich unter anderem auch politische Gegner sehr einfach ausspionieren. Kritiker der Vorratsdatenspeicherung sehen daher unkalkulierbare Risiken für uns und unser Leben. Zu Recht!

Nur, was kann ich als Bürger tun, um das übermäßige Abfließen meiner Privatsphäre in fragwürdige Kanäle zu unterbinden?

  • Da ist zunächst natürlich einmal der bewusste und vernünftige Umgang mit digitalen Medien und Dienstleistern aller Art: Muss ich ständig meinen Status mitteilen, andauernd Fotos und Videos aufnehmen und teilen? Ist es nötig, dass ich damit pausenlos mich selbst und mein soziales Umfeld entblöße?
  • Nutze ich ausgerechnet nur die großen und bequemen (ausländischen) Dienste für Suchen, Finden, Lesen oder verteile ich meine Aktivitäten, auch wenn das aufwändiger ist?
  • Ist es wirklich wichtig, das Handy stets bei sich zu haben, stets „online“ zu sein?
  • Braucht es unbedingt eine Payback- oder sonstige Bonuskarte?
  • Nutze ich (kostenpflichtige) Dienste, die den Datenschutz ernst nehmen und nicht vom Datenhandel leben?

Diese Frageliste könnte ich sehr lange fortführen. Es ist an uns, bequemes und nachlässiges Verhalten aufzugeben, um Datenspionen ihr Geschäft nicht beliebig leicht zu machen. Ganz ohne Spuren werden wir in der digitalen Gesellschaft aber nie unterwegs sein können.

Mit Metadaten lassen sich auch gesellschaftliche Ströme berechnen und damit kontrollieren. Das zeigt sehr aufschlussreich ein Artikel in Süddeutschen Zeitung. „Die Gesellschaft der Metadaten“.

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