Watschen für Datenspione

Der BigBrotherAward

BigBrotherAward © Digitalcourage/Heiko_Sakurai
BigBrotherAward © Digitalcourage/Heiko_Sakurai

Es ist wohl die härteste Watsche für Unternehmen, Institutionen und Behörden, wenn sie den BigBrotherAward entgegen nehmen müssen und damit ins Scheinwerferlicht gezogen werden. Ausgezeichnet werden diejenigen, die grob gegen den Datenschutz verstoßen und die Privatsphäre missachten. Insgesamt gibt es diese Preisverleihung in 19 Ländern, in Deutschland ist der Verein Digitalcourage für den BigBrotherAward verantwortlich. Eine Jury aus Menschenrechtlern, Computerexperten sowie Daten- und Verbraucherschützern wählt die Preisträger aus.

Der Verein quintessenz organisiert und richtet in Österreich den „Oscar für Datenkraken“ aus.

BigBrotherAward in Deutschland 2019

10. Juni 2019: Ausgezeichnet wurden in der Kategorie Behörden & Verwaltung Peter Beuth, Innenminister von Hessen, für Anschaffung und Einsatz einer Analyse-Software der CIA-nahen US-Firma Palantir, die auf diese Weise Zugang zu höchst sensiblen Daten der hessischen Polizei erhält.

In der Kategorie Technik erhielt das „Technical Committee CYBER“ des Europäischen Instituts für Telekommunikationsnormen (ETSI) den Preis. In der Begründung heißt es auf der Website des Chaos Computer Clubs: „Im Rahmen der Renovierung des TLS-Standards hat sich das ETSI ganz besonders darum verdient gemacht, Kriminellen, Geheimdiensten und anderen Schnüffelstellen einen Hebel zu liefern, großflächig und vor allem protokollkonform ihrem zwielichtigen Treiben nachzugehen. Nach dem ETS-Standard kann ein Benutzer den Unterschied zwischen einer sicher verschlüsselten und abhorchbaren Verbindung nicht erkennen.“

Die Firma Ancestry.com erhält den Award in der Kategorie Biotechnik, weil sie Menschen mit Interesse an Familienforschung dazu verführt, Speichelproben einzusenden. Das Unternehmen verkauft dann die Gendaten an die Pharmaforschung, die auch für verdeckte Vaterschaftstests und polizeiliche genetische Rasterungen eingesetzt wird.

Die Wochenzeitung „Zeit“ musste den Award 2019 in der Kategorie Verbraucherschutz für die Nutzung von Werbetrackern und Facebook Pixel entgegennehmen. Dazu kommt die Speicherung sensibler politischer Daten auf Google-Servern beim Projekt „Deutschland spricht“. Außerdem wird das Nachfolgeprojekt „My Country Talks“ von Google mitfinanziert, so die Jury.

Die Firma Precire Technologies erhält den Preis in der Kategorie „Kommunikation, weil sie damit wirbt, Emotionen und Motivation per Sprachanalyse erfassen zu können. Ihr Algorithmus ordnet dem Sprechmuster Charaktereigenschaften zu.

BigBrotherAward in Österreich 2018

29. Oktober 2018: Und erneut ging es um die Frage, wer geht am schlechtesten mit meinen Daten um?  Österreich vergab den Big Brother Award in Wien.

Den Award in der Kategorie „Behörden und Verwaltung“ hat die Wiener Magistratsabteilung 67, zuständig für die Parkraumüberwachung, erhalten.
In der Kategorie „Kommunikation und Marketing“ ging der Negativpreis an das Pharmaunternehmen Bayer Austria und den Tabakkonzern Philipp Morris wegen Tests für Werbung mit Hilfe von Gesichtsscannern in Apotheken und Trafiken.
Der CDU-Politiker Axel Voss, Berichterstatter für die Urheberrechtsreform im EU-Parlament, wurde in der Kategorie „Politik“ für die Berichterstattung im Zusammenhang mit Upload-Filtern gekürt.
In der Kategorie “Business und Finanzen” stand Medtronic auf dem Pranger.  “Herzschrittmacher brauchen Firmware-Update”, hieß es.
Hauptsieger in der Kategorie “Weltweiter Datenhunger”  mit der Nominierung für “Cambridge Analytica”, “Hacks, Softwarelücken und API für Partner” sowie “Zensur und Fake-News” ist Facebook.

BigBrotherAward in Deutschland 2018

22. April 2018: Zwei große Namen sind in diesem Jahr unter den Preisträgern. Amazon erhält den Award in der Preiskategorie Verbraucherschutz für sein „neugieriges, vorlautes, neunmalkluges und geschwätziges Lauschangriff-Döschen namens Alexa“.
In der Kategorie Technik bekommt Microsoft die Trophäe überreicht. Der Computerkonzern speichert mit Windows 10 aus Sicht der Preisverleiher zu viele Daten seiner Nutzer, ohne dass sich diese dagegen wehren können.
In der Kategorie Arbeitswelt wird die Smartphone App „Kelaa“ der Firma Soma Analytics aus München abgewatscht, die die mentale Gesundheit ihrer Anwender überwacht und an die Arbeitgeber der Nutzer weitergibt.
Die Fraktionen von CDU und Bündnis 90/Die Grünen im hessischen Landtag erhalten in der Rubrik Politik ihren Preis. Mit dem Entwurf für ein neues Verfassungsschutzgesetz und der damit verbundenen Häufung von Überwachungsbefugnissen greifen die Politiker tief in die Grundrechte der Bevölkerung ein, erklärt die Jury.
Prämiert wurde in der Kategorie PR & Marketing  der Werbebegriff „Smart Cities“. Dabei geht es um Überwachung von Straßen und Plätzen mit Videokameras rund um die Uhr. Mit diesem Städtekonzept versuchten Konzerne wie IBM, Siemens, Cisco oder Microsoft ihre Vision von einer „sicheren Stadt“ zu verkaufen.
Und in der Kategorie Verwaltung wurde die Softwarefirma Cevisio geehrt. Die sächsische Firma hat eine Software für Flüchtlingsunterkünfte entwickelt, die unter anderem jedes Betreten und Verlassen des Gebäudes, Essensausgabe, medizinische Untersuchen, Kleiderausgabe etc. erfasst.

BigBrotherAward in Österreich 2017

26. Oktober 2017: In Wien wurden die Big Brother Awards für die größten Datenschutz-Verstöße aus dem vergangenen Jahr vergeben. Das diesjährige Motto lautete „Privacy Sale“.
Amazon steht in der Kategorie „Weltweiter Datenhunger“ für seinen Heimassistenten Echo an erster Stelle.
In der Kategorie „Kommunikation und Marketing“ erhielt Facebook den Negativ-Award, weil das Unternehmen seinen Werbekunden erlaubt, depressiven Teenagern Werbung anzuzeigen.
Ein Grazer Bäcker erhielt in der Sparte „Business und Finanzen“ die „Trophäe“, da in seinen Filialen Brot und Brötchen ausschließlich bargeldlos gezahlt werden können.
Das W3C-Gremium (Kategorie „Behörden und Verwaltung“) wurde ausgezeichnet, da es das DRM-Systems Encrypted Media Extensions EME als Webstandard eingeführt hat.
In Kategorie „Politik“ ging die Negativ-Auszeichnung an den österreichischen Innenminister Wolfgang Sobotka für seine Pläne zur Ausweitung des Überwachungsstaates.

Auch die gesamte (abgelaufene) Bundesregierung bekam ihr Fett weg für das unüberlegte „Durchwinken“ des Datenschutzanpassungsgesetzes zur EU-Datenschutzreform, die im Mai 2018 in Kraft treten wird.

Preisträger des BigBrotherAwards 2017

6. Mai 2017:  Den „BigBrotherAward“ in der Kategorie Wirtschaft erhielt in diesem Jahr der IT-Branchenverband Bitkom für sein „unkritisches Promoten von Big Data, seine penetrante Lobbyarbeit gegen Datenschutz und weil er de facto eine Tarnorganisation großer amerikanischer Konzerne ist“.

Desweiteren wurde der türkisch-islamischen Verein Ditib (Türkisch-Islamische Union) in der Kategorie Politik wegen der Bespitzelung seiner Mitglieder „ausgezeichnet“. Der Verein habe Mitglieder und Besucher politisch ausspioniert und denunziert, begründet Digitalcourage. Ditib hat bereits mit rechtlichen Schritten gedroht.

Zu den „Preisträgern“ zählen ebenso die Bundeswehr für den Aufbau einer Cyberarmee (Kategorie Behörde).

Den Award müssen auch die Technische Universität München (TUM) und die Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) für den Bereich Bildung entgegennehmen, die Firmen PLT – Planung für Logistik & Transport (Kategorie Arbeit) sowie die Prudsys AG (Kategorie Verbraucherschutz).

BigBrotherAward in Österreich 2016

BigBrotherAward ©quintessenz
BigBrotherAward ©quintessenz

Oktober 2016: Die Trophäen gingen an … Trommelwirbel … Österreichs Justizminister Brandstetter für staatliche Trojaner, an Google für deren Messenger Allo, an BMW ConnectedDrive und dessen Sammelwut, an den CIO des Bundes für eine unsichere Handy-Signatur und auch an eine App namens School Fox, die Daten von Schülern sammelt.

Und das waren die unglücklichen Gewinner 2016 aus Deutschland:

Der Verfassungsschutz, erhielt den Award in der Kategorie Lebenswerk, für unkontrolliertes Bespitzeln, Unterwandern, Täuschen und Vertuschen.

Die Generali Versicherung bekam die Auszeichnung in der Kategorie Verbraucherschutz, weil Generali ihren Versicherten Boni verspricht, wenn sie sich im Gegenzug dafür überwachen lassen.

Die Kampagnenplattform Change.org fiel auf (Kategorie Wirtschaft), weil sie die personenbezogenen Daten der Menschen, die Petitionen unterzeichnet haben, in vielfältiger und nicht transparenter Art und Weise für eigene Geschäftszwecke verwendet.

Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) erhielten den Preis in der Kategorie Technik für die VBB Fahrcard, eine kontaktlose Chipkarte, auch „(((eTicket“ genannt. Dieses Ticket schreibt fleißig Datum, Uhrzeit, Buslinie und Haltestelle mit und teilt die Informationen mit Mitgliedern des Verkehrsverbundes VBB.

Die IBM Deutschland GmbH wurde in der Kategorie Arbeitswelt für ihre Software „Social Dashboard“ gekrönt. Es ist ein Punktesystem zur Analyse der „sozialen Reputation“ seiner Mitarbeiter.

Danke an die Macher des BigBrotherAward!

Engagiert für die digitale Selbstverteidigung

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